Schauspiel Drama einer einsamen Drohnen-Göttin

Louisa Stroux bestreitet überzeugend den Abend „Am Boden“ im Kleinen Haus.

Schauspiel: Drama einer einsamen Drohnen-Göttin
Foto: Sebastian Hoppe

Düsseldorf. „Bumm macht die islamistische Deppen-Armee“, feixt die US-amerikanische Kampfpilotin in ihrem wüstensandfarbenen Flieger-Overall. Im Krieg der Guten gegen die Bösen kennt sie keine moralischen Bedenken. Die von der Fliegerbombe Zerrissenen seien ja schuldig. „Schuldige Körperteile“.

Schauspielerin Louisa Stroux schlüpft in die Rolle der Pilotin in dem Ein-Personenstück „Am Boden“ von George Brant. Die deutschsprachige Erstaufführung (Übersetzung: Henning Bochert) fand nun im Kleinen Haus des Schauspielhauses statt.

Die Bühne präsentiert sich karg: Ein Stuhl, ein sporadisch eingesetztes Standmikrophon, gelegentliche Leinwandprojektionen im Hintergrund — der Rest ist Leere. Kaum etwas lenkt ab von der Solistin, die etwa 70 Minuten ohne Pause die junge, resolute Kämpferin markiert, allenthalben derbe Kraftausdrücke hinausposaunend.

Die selbstbewusste Fliegerin zeigt sich enttäuscht und unterfordert, da sie künftig Drohnen vom Boden aus steuern soll anstelle selbst abzuheben. Sie sei jetzt „stolzes Mitglied bei den Sesselfurzern.“ Und das fundamental Neue in diesem Krieg: „Die Bedrohung durch den Tod ist verschwunden.“

Die Kämpferin erzählt nebenbei Privates, dass sich manche Männer in ihrer Nähe weniger als Mann fühlten, wieder andere auf ihre Uniform abfahren würden. Nun sei sie verheiratet und habe eine kleine Tochter — Ausgangspunkt dramatischer Wendungen im Leben der Soldatin. Das Grau auf den Monitoren und die Farbwelt des Familienlebens beginnen plötzlich miteinander zu verschwimmen.

Die Protagonistin, die den Zuschauer anfangs kalt und ratlos lässt, legt auf einmal das Stereotype ab. Aus der Großmäuligen, die ihren Feind am Boden zuruft, „Du bist ein Prophet, aber ich bin Gott“, wird eine kleinlaut Verängstigte als sie beim Blick auf das graue Monitorbild in einem Kind, das neben einem zu tötenden Schuldigen steht, die eigene Tochter erkennt oder zu erkennen glaubt.

Louisa Stroux, der Vulgärvokabeln nicht ganz leicht über die Lippen zu kommen scheinen, kann ihre darstellerischen Fähigkeit an den Stellen, wo sich die Figur der Kampfpilotin differenziert, deutlich besser einsetzen als am holzschnittartigen Beginn des Stücks. Stroux wirkt anfangs sozusagen zu sensibel und lyrisch für die Rolle. Gewiss spricht sie den Text professionell und mit Energie. Doch eine letzte innere Gehemmtheit bleibt bestehen. Indes zeigt die Österreicherin durchgehend starke Bühnenpräsenz.

Zum Schluss steigt die Spannung stark an und das Publikum wird sehr still. Die Enkelin des einstigen Schauspielintendanten Karl-Heinz Stroux wirkt zwar insgesamt gesehen etwas zu fein für die eher grobe Figur, schafft es aber, das Interesse auf sich und die dargestellte Situation zu ziehen. Beifall im gut besuchten Haus.

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